Infoweek: 2005.02.17 -------------------- Autor: Michael Wechner Redaktor: Daniel Meierhans (dmeierhans@compress.ch) Anzahl Zeichen: 3200 Open Source, Innovationen und Software-Patente ---------------------------------------------- Innovationen werden in der Regel gemacht, da es Menschen gibt, die neugierig sind und Spass haben etwas zu erfinden. Das scheint in der Natur des Menschen zu liegen, könnte aber auch mit der Langweiligkeit des irdischen Daseins zu tun haben. Innovationen benötigen oft beträchtliche Investitionen für die eigentliche Forschung und Entwicklung. Der Patentschutz wurde eingeführt um für diese Investitionen einen Anreiz zu bieten. Die Forderung nach einem Return of Investment ist völlig legitim. Es scheint jedoch, dass die oben erläuterte Rechtfertigung für Patentschutz nicht wirklich verstanden wird und deshalb alles in einen Topf geworfen wird. Denn was ist, wenn die Investitionen auf den Schultern einer lose verbundenen Gemeinschaft verteilt werden und die Investitionen für den Einzelnen relativ klein werden? Ist Patentschutz in einem solchen Fall sinnvoll respektive überhaupt anwendbar? Open Source Software wird normalerweise von einer Gemeinschaft entwickelt und die Verteilung von Software kostet praktisch nichts. Jeden Tag werden im Open Source Umfeld zahlreiche Innovationen gemacht und dies ohne den Schutz von Patenten. Jede Person, die zu Open Source Software etwas beiträgt oder davon Teile verwendet, sollte sich bewusst sein, dass auch das Open Source Umfeld keine heile Welt ist. Ein Return of Investment ist nicht garantiert und Open Source Software hat nicht nur Vorteile. Entscheidend ist aber, dass das Modell von Open Source Software für die Gesellschaft als Ganzes funktioniert und die Softwareindustrie sich zwangsläufig diesem Modell annähren muss beziehungsweise sich ein neues Gleichgewicht einstellen muss. Softwarepatente hemmen diesen Uebergang oder verunmöglichen gar den entscheidenden Schritt nach vorne zu tun. Die Welt verändert sich und Regeln respektive Massnahmen sollten im Sinne der Gemeinschaft definiert werden. Entscheidend ist es die Gründe für die Regeln zu verstehen und die Fähigkeit diese in einem neuen Kontext zu überdenken und möglicherweise entsprechend anzupassen. Die Problematik ist, dass durch die Koexistenz von proprietärer Software und Open Source Software ein Konflikt entsteht, da der Patentschutz für proprietäre Software zu rechtfertigen ist, aber für Open Source Software sinnlos ist. Dieser Konflikt verschwindet, wenn der Patentschutz für Software generell abgeschafft beziehungsweise gar nicht erst eingeführt wird. Die Uebergangsphase vom proprietären Software Modell zum Open Source Software Modell hat bereits vor einigen Jahren begonnen und es liegt an der Gesellschaft zu entscheiden ob dieser Weg konsequent weiterverfolgt werden soll. Die Durchsetzung von Partikulärinteressen einiger weniger Parteien hat langfristig noch keiner Gesellschaft etwas gebracht. Wer es ernst meint mit Globalisierung und wettbewerbsfähigen Märkten kann sich nur für den Weg von Open Source Software entscheiden. Alles andere ist Heuchelei.